Impulsletter Q1 2018
Technologie und Nachhaltigkeit sind während der nächsten Jahre nach übereinstimmender Einschätzung der Marktteilnehmer der zentrale Motor der Immobilienbranche. Speziell im Technologieumfeld lohnt sich daher auch und gerade in Zeiten einer zunehmend aktiven Startup-Szene eine Betrachtung der Potentiale.
Mit diesem Beitrag soll ein kompakter Überblick über die wesentlichen Handlungs- und auch Wachstumsfelder gegeben werden, der sich nicht nur an Branchenexperten richtet.
www.haus.com
Als der Mitgründer von Uber, Garrett Camp, im Juli 2016 seine neueste Idee „Haus“ vorstellte, war die Disruption in der Immobilienbranche für viele nur noch eine Frage von wenigen Monaten.
Alleine die Internetadresse „www.haus.com“ signalisierte Einfachheit und Klarheit. Letztendlich geht es bei dieser Plattform im Wesentlichen um mögliche Kostenersparnisse für Käufer und Verkäufer von Immobilien.
Interessant wird es aber für die Zielgruppe, wenn man auf der Website im Kleingedruckten nachliest, was „Haus“ NICHT ist:
„Haus is not a brokerage and will not provide any real estate brokerage services or legal, financial, tax or accounting advice. Real estate agents who provide expert advice are independent contractors and are not represented by Haus. Haus does not perform any due diligence or investigation, and does not make any warranties, regarding the Property or the parties.“
Jetzt ist alles klar, oder etwa doch nicht?
Hier wird eine Parallele zu anderen Tech-Unternehmen wie Fintechs o.ä. deutlich: es lohnt sich für den potentiellen Nutzer, Kunden oder auch Investoren von solchen Plattformen immer auch ein zweiter Blick – wenn möglich bis hinter die Kulissen.
Investitionsfelder bei Proptech-Startups
Erkennbar ist, dass nahezu kein Bereich im Immobilienmanagement von der Startup-Szene unberührt bleibt:

Nachstehend haben wir von ADVYCE einen kompakten Überblick über ausgewählte Anwendungsfelder für technologisch getriebene Innovationen geschaffen, bei denen sich erkennbare Tendenzen Richtung eines Daten-getriebenen „Real Estate 4.0“ abzeichnen.
Verwaltung von Immobilien
Hier kann z.B. zur Weiterentwicklung des klassischen Property Management die Bonitätsprüfung von potentiellen Mietern durch intelligente Kombination von Selbst- und Fremdauskunft beitragen.
Bau neuer Gebäude
Einsatz von innovativen Technologien im Construction Management, zum Beispiel für die Unterstützung der Kollaboration und im Projektmanagement von allen am Bau beteiligten Partner unter Berücksichtigung der abzubildenden HOAI-Leistungsphasen.
Bewirtschaftung von Immobilien
Facility Management Lösungen zur Unterstützung der Nachhaltigkeitskonzepte „Green Building“ (Fokus: Energieeffizienz) bzw. „Blue Building“ (Fokus: gesamtheitliche Nachhaltigkeit über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes).
Immobilien-Portfoliomanagement
Technologie-Unterstützung für das Investieren in Immobilienwerte (z.B. Property Crowdfunding) und das gesamthafte Management eines komplexen, diversifizierten Immobilienportfolios.
Services für Mieter
Verwaltungstechnische Vereinfachung der für die Mieter einer Immobilie notwendigen Serviceleistungen: Beschaffung und Koordination von Hausmeisterdiensten, Reinigungsdiensten, Ermittlung und Abrechnung von Nebenkosten, etc.
Virtuelle Begehung
Mit Hilfe von Indoor Positioning, Mapping und Navigation werden durch virtuelle Indoor-Modelle von Immobilienobjekten völlig neue, ortsunabhängige Möglichkeiten für die Begehung der Objekte durch Käufer, Verkäufer, Mieter, Vermieter, Makler, Gutachter, Finanzdienstleister, usw. geschaffen.
Internet of Things @ Home
Hier geht es insbesondere um den Komfort der Bewohner durch innovative Lösungen für Beleuchtungssysteme, Sicherheit im Gebäude, Sprachsteuerung von Gebäudetechnik, Schließsysteme, Gartenpflege, u.v.a.m.
Big Data und Immobilienmanagement
All diese Anwendungsfelder haben eines gemeinsam: es liegen Ihnen (teilweise komplexe) Datenstrukturen zugrunde. Diese wiederum bedingen ein professionelles Datenmanagement mit der Zielrichtung der Vernetzung aller Beteiligten.
In einer aktuellen Studie mit der EBZ Business School ist für diese „Big Data“-getriebene Vernetzung der Akteure eine gute Darstellung der Zusammenhänge entstanden:
Die wesentlichen Veränderungsfelder für eine Digitalisierung der Immobilienwirtschaft sind nachfolgend beschrieben, um die Eingangsfrage „Revolution oder doch nur alter Wein in neuen Schläuchen?“ noch besser beantworten zu können.
Veränderungsfeld „Immobilienunternehmen“
Die Digitalisierung von Unternehmen der Immobilienwirtschaft wird eine tiefgreifende Organisationsentwicklung nach sich ziehen, die sich bis hin zu einer auf Zukunftsfähigkeit ausgerichteten Personalentwicklung (Kapazitäten und Kompetenzen) ausdehnen wird. Der begleitend erforderliche Kulturwandel in Immobilienunternehmen hin zu einem permanenten digitalen Change Management mit dem Anspruch einer Kontinuierlichen Verbesserung des gesamten Unternehmens wird ein erhebliches Maß an „Management Attention“ binden.
Veränderungsfeld „Immobiliennutzer“
Veränderte Arbeitsrealitäten (Stichwort „Home Office“), gestiegene Erwartungen an die Nutzung Internet-basierter Dienste in den Immobilien, die künftige Art und Weise der Kommunikation von Immobiliennutzern untereinander, neue Einkaufsgewohnheiten (z.B. intensivere Nutzung von Versandunternehmen), geänderte Mobilitätsanforderungen, Ansprüche an Sicherheit und Komfort – all das prägt direkt oder indirekt die Präferenz von Immobiliennutzern bei der Entscheidung für Objekt A oder B. Ein für alle Alters- und Einkommensgruppen attraktives Marktangebot zu schaffen, wird nur in einem langen Übergangszeitraum zu schaffen sein. Aber der Weg dahin wird zwangsläufig beschritten werden müssen, wenn eine adäquate Antwort des Immobilienmarktes auf neue Lebensgewohnheiten gegeben werden soll.
Veränderungsfeld „Gebäude“
Die zentrale Veränderung hier wird (neben den vorgenannten Innovationen) sein, dass Gebäude nicht mehr isoliert betrachtet werden können. Vielmehr wird das Gebäude als elementarer Bestandteil der unterschiedlichsten Wertschöpfungsketten zu sehen sein.
Darüber hinaus werden auch an Gebäude verstärkt Anforderungen an Flexibilisierung und Individualisierung gestellt, um den unterschiedlichsten Bedarfen der Nutzer entsprechen zu können. Der Verweis auf erforderliche Gebäudestandards und Wirtschaftlichkeitsaspekte wird angesichts von immer einfacher integrierbaren und zunehmend kostengünstigen Lösungen nicht mehr genügen.
Nicht zuletzt wird sich die Sicht auf ein Gebäude eher in Richtung einer ganzheitlichen Betrachtungsweise als Gestaltungselement von „smarten Quartieren“ oder von „Smart Cities“ entwickeln.
Fazit
Wie in anderen Bereichen der Wirtschaft auch wird die Digitalisierung der Immobilienbranche grundlegende Veränderungen nach sich ziehen. Aufgrund der besonders ausgeprägten Komplexität der mit Immobilien verbundenen Datenstrukturen werden darüber hinaus aber vereinzelt tatsächlich revolutionäre Veränderungen – insbesondere im Zusammenspiel und im Kräfteverhältnis der beteiligten Akteure – erwartet.
Ralf Weygand